Das Phänomen, das wir Fake-News nennen, wird nicht mehr verschwinden. Fake-News werden oft mit böswilligen Ränkeschmieden in Verbindung gebracht, die die Medien manipulieren. Das ist aber nur ein Teil davon, im Sinne einer Konsequenz. Vielmehr ist es das Symptom einer sozialen Evolution und das Ergebnis gesellschaftlicher und technologischer Entwicklungen. Was folgt ist die Erosion von Bedeutung. Dagegen können wir etwas unternehmen.
Eine systempsychologische Untersuchung
Es muss irgendwann zu Beginn dieses Jahrhunderts passiert sein, in der Zeit der englischen Comedy-Serie THE OFFICE (hierzulande: DAS BÜRO). Mit einem Mal war die Parodie nicht mehr die Übertreibung einer Realität, sondern die Darstellung von Realität. Wer kennt sie nicht aus eigener Erfahrung? Die Szenen aus THE OFFICE, die Gespräche mit Managern wie David Brent & Co. Sie machten deutlich, dass die Blütezeiten der Parodie und der Satire à la YES MINISTER und SPITTING IMAGE vorbei waren. Eine logische Folge davon war Reality-TV. Warum jemanden lächerlich machen, wenn man das selbst viel besser kann? Auftritt: BIG BROTHER.
Anfang letzten Jahres gab der Schauspieler Alec Baldwin, der Donald Trump regelmäßig in der amerikanischen Late-Night-Show SATURDAY NIGHT LIVE (SNL) parodiert, angesichts der rekordverdächtigen Zuschauerzahlen ein Interview. Baldwin sagte, dass es keinen Spaß mache Trump zu spielen: “Er ist angespannt, er ist wütend, er ist sauer.” Baldwin erklärte, er würde nur spielen, was der Präsident sagt. “Das ist noch so was, das ich merkwürdig finde: Wir wiederholen nur, was er sagt …!“
Ein weiterer neuer Trend in der Medienwelt?
Nein, vielmehr Ausdruck eines fundamentalen Bewusstseinswandels – einer Transformation, die Informationen und Nachrichten eine neue Bedeutung verleiht. Wir erleben die Erosion der Objektivität von Nachrichten zugunsten ihrer Subjektivierung und damit die Entstehung des Phänomens Fake-News.
Der Duden definiert Fake-News als „in den Medien und im Internet, insbesondere in den Sozialen Medien, in manipulativer Absicht verbreitete Falschmeldungen“.Das ist eine unsinnige Definition. Sie sehnt sich nostalgisch nach der Zeit, als noch eine einzige Wahrheit existierte und ist ein Versuch, das Phänomen zu kontrollieren. Sie erschafft auch eine Illusion: als würde Fake-News aufhören, wenn wir sie verbieten, wenn wir die perfiden Fake-News-Verkünder zum Schweigen brächten. Derweil besteht das eigentliche Problem darin, dass die Parameter für die Interpretation von Informationen untergraben werden und dass manche Leute das missbrauchen.Nachrichtenmanipulation an sich ist nichts Neues. Die Kombination mit dieser Form von Bedeutungserosion schon.
Es gibt eine Reihe parallel verlaufender Entwicklungen in den Bereichen Technologie, soziale Beziehungen und Bewusstsein, die dafür sorgen, dass Fake-News nicht mehr verschwinden werden. In der Tat stellt sich die Frage, ob wir Fake-News objektiv noch von “echten” Nachrichten unterscheiden können. Das holländische Webmagazin DE SPELD veröffentlicht mit Begeisterung seit 2007 täglich lächerliche Fake-News, während diese Artikel regelmäßig für echte Nachrichten gehalten werden. Was? Chinesische Spione haben HARIBO infiltriert, um das Goldbären-Rezept zu stehlen? Ein Skandal!
Autoritätsverlust
Die Moderne hat dazu geführt, dass viele Autoritäten vom Sockel gefallen sind oder gar gestoßen wurden. Die Ansichten und Äußerungen der verbliebenen Respektspersonen, seien das nun Ärzte, Professoren oder Bürgermeister, sind von kaum größerem Gewicht als deine und meine. Darüber hinaus enthüllt zunehmende Transparenz immer öfter unanständiges Verhalten der Autoritäten, was uns zuvor verborgen geblieben war und so unsere Illusionen über sie aufrechterhalten hat. Aufgrund eines gewissen Autoritätsvakuums führt uns das manchmal in ein gefährliches Niemandsland von gestörten oder größenwahnsinnigen Führern und anmaßenden oder frustrierten Bürgern. Von daher gibt es immer weniger anerkannte Autoritäten, und Quellen anerkannter Bedeutung schwinden. Darüber hinaus erkennen wir uns selbst zunehmend als Autorität an. Lästig ist nur, dass alle die anderen Individuen sich auch dafür halten.
Individualisierungs-Overload
Die Babyboomer werden sich sicherlich noch an die Euphorie der neu gewonnenen individuellen Freiheiten in den Sechziger- und Siebzigerjahren erinnern. Individualisierung verhieß, dass jede(r) Sichselbst sein könnte. Wir hatten so große Erwartungen daran, dass alle diese individuellen Meinungen die autoritären Formen ersetzen würden. Und wo sind wir nun? Täglich werden wir von Werbung, durch das Fernsehen, soziale Medien, Sportwettbewerbe und Gleichgesinnte bombardiert, die uns sagen, wie wir zu sein haben, einzigartig und besonders. Weil alles gemessen und verglichen wird, müssen wir stets besser, schöner und erfolgreicher sein als die Anderen. Das führt zu einer Dichotomie. In der Tat gibt es viele Gewinner der Individualisierung, aber eben auch sehr viele Verlierer. Und die Gewinner sehen alle gleich aus, gar nicht einzigartig, da muss man sich nur die Teenager von 2019 ansehen. Die Ansprüche erwiesen sich als hohl: Die persönliche Wahrheit des Einzelnen ist oft nicht genug, um dem Leben einen Sinn zu geben. In der Praxis entstehen keine Autonomie und Weisheit, sondern Ambivalenz. Wer bin ich? In der Folge verlieren wir immer mehr an Halt. Die Neurosen und Burnouts boomen.
Aufmerksamkeit kreiert Realität
Was von Wissenschaftlern der Quantentheorie inzwischen untermauert wird, ist ein längst bekanntes Phänomen für Psychologen und spirituell Interessierte: Aufmerksamkeit kreiert Realität. Wir sehen das tagtäglich in den Medien Wirklichkeit werden. Wenn früher ein Pottwal am Strand einer Watteninsel angespülte wurde, war das bestenfalls eine lokale Nachricht wert. Jetzt wird es zu einem Medienhype, der zu Parlamentsdebatten und Gesetzgebung führt. Und dies ist nur ein Beispiel in einer endlosen Reihe von kleineren und größeren Ereignissen, deren Stellenwert sich aus der Anzahl der Retweets und nicht aus ihrer ursprünglichen Bedeutung heraus ergibt. So sieht eine Mediakratie aus.
Demokratisierung der Nachrichten
Sowohl der Bereich der Nachrichtensammlung als auch der der Veröffentlichung sind fast vollständig demokratisiert. In Bezug auf Nachrichten hat jeder Bürger die Möglichkeit, diese Doppelrolle einzunehmen: Er oder sie sind sowohl Produzenten als auch Konsumenten. Jeder kann über Twitter, Facebook und iPhone Informationen bestimmen und veröffentlichen. Und in dieser narzisstischen Ära tun wir nichts lieber, als unseren Moment of Famezu feiern, den Andy Warhol 1968 ankündigte. Nachrichtenlieferant und -kunde lassen sich immer weniger unterscheiden und damit auch Aktion und Reaktion. Das befeuert einen Kampf um Aufmerksamkeit, auch unter den etablierten Medien, was die Gefahr eines Race-to-the bottom heraufbeschwört.
Verwitterende Wissenschaften
Die Wissenschaft, das Mekka der Objektivität und des Wissens, hat nicht mehr die Autorität, die sie einmal hatte. Über das Internet haben Bürger Zugang zu annähernd denselben Quellen wie Wissenschaftler. Der massive Anstieg der Anzahl von Promovenden führt zu einer starken thematischen Fragmentierung. Die Sozialwissenschaften legen sich selbst strikte Rahmenbedingungen auf, die ihnen nicht gerecht werden. Seriöse Wissenschaft muss falsifizierbar sein, was mit sich bringt, dass Wissenschaft niemals eine objektive Grundlage bieten kann, sondern nur für einen befristeten Zeitraum gültig ist, bis das Gegenteil bewiesen wird. Natürlich erkennen wir die großen gesellschaftlichen Errungenschaften der Wissenschaft an. Dennoch schwindet die Wissenschaft als bedeutungsgebendes Phänomen ebenso.
Politische Verwirrung
Wenn es einen Teil unserer Gesellschaft gibt, in dem die Subjektivierung von Bedeutung besonders katastrophale Auswirkungen hat, dann ist es die Politik. Beinahe jeder Bezugsrahmen für eine stabile und differenzierte Interpretation fehlt. Per Definition führt das zu Extremismus und Polarisierung. Polarisation, abgeleitet vom griechischen “polos”, pol, müssen wir mehr und mehr wörtlich nehmen: Man positioniert sich mehr und mehr in Extremen, den Polen, immer weniger zum Inhalt. In vielen großen, westlichen Demokratien lässt sich dieses Phänomen beobachten, das üblicherweise zu Pattsituationen führt. Nehmen wir zum Beispiel den Brexit und die amerikanischen “shutdowns”. Jeder Politiker, jede Partei muss immer lauter schreien und immer extremere Positionen einnehmen, um gehört zu werden. Alte Ideen werden per Wahl gegen neue ausgetauscht. Das hilft natürlich nicht weiter, es trägt nur zu wachsendem Chaos bei. Wo Ordnung und Weitsicht fehlen, entsteht nur mehr Unordnung und Eskalation. Deshalb wird die Politik zunehmend kritisiert, und das Vertrauen der Gesellschaft schwindet. Dieses Urteil verkennt einen wesentlichen Aspekt: Politiker haben dieses Phänomen nur zum Teil zu verantworten. Es ist das Symptom einer Entwicklung.
Die Bedeutung hiervon ist aufgrund des – jedenfalls in Holland gültigen – politischen Grundsatzes des Primats der Politik nicht zu unterschätzen. Dieses Prinzip beschreibt das parlamentarische Monopol darüber, was von öffentlichem Interesse ist und die gemeinsame Gestaltung der sozialen Entwicklung. Die Politik reflektiert also auf alles in der Gesellschaft und ist damit das höchste säkulare Organ dieser Gesellschaft. Aber diese höchste Autorität reflektiert sich nicht grundlegend selbst. Wenn die Politik nicht erkennt, dass sie selbst auch einer autonomen sozialen Entwicklung unterliegt, nämlich dem Primat der Bewusstseinsentwicklung, entsteht ein blinder Fleck. Das ist oft ein psychologischer Abwehrmechanismus. Was würde passieren, wenn der blinde Fleck nicht da wäre?
Wenn die Politik tatsächlich nicht mehr über allem steht, sondern selbst auch Subjekt dieser Entwicklung ist, wofür ist sie dann noch genau zuständig? Plötzlich kann dann die Frage nach der Legitimität politischer Macht auftauchen. Das politische Primat ist gültig oder nicht gültig, nicht nur ein bisschen, genauso wenig wie eine Frau nur ein bisschen schwanger sein kann. Wenn sich das politische Primat als unhaltbar erweist, warum haben wir, als Volk, ihm dann so viele Befugnisse übertragen? Für diese Selbstreflexion scheint in der Politik wenig Raum zu sein.
In Ermangelung objektiver Bezugsrahmen sind alle Nachrichten subjektiv, und daher sind alle Nachrichten potenziell “gefälschte” Nachrichten. Solange wir weiterhin der Illusion anhängen, dass es Wahrheit und Klarheit gibt, werden böswillige, aber auch törichte und gedankenlose Menschen sie bewusst oder unbewusst einsetzen, um die Verwirrung derjenigen, die nach der Wahrheit suchen, weiter zu verstärken oder sie in ihren verwirrten Überzeugungen zu bestätigen.
Was ist zu tun?
1. Schau dem Monster in die Augen
Hören wir auf zu denken, dass es vorübergehen wird. Hören wir auf, Fake-News zu moralisieren, es sei denn, sie sind offenkundig böswillig. Hören wir auf, uns gegenseitig in der Empörung über Fake-News zu übertreffen, sondern akzeptieren wir das Phänomen und finden neue Formen, damit umzugehen. Geben wir die Illusion der Objektivierbarkeit von Information und Wahrheit auf. Weil wir damit in ein spannendes und neues Paradigma eintreten, müssen wir auch tolerieren können, dass wir noch nicht genau wissen, wie wir damit umgehen sollen, das Erkennen des Phänomens aber der erste Schritt ist. Lassen wir uns außerdem zwei neue und unterschiedliche Begriffe einfallen für dieses evolutionäre Phänomen (Bedeutungserosion) und die gezielte Manipulation von Nachrichten nach der Definition des Dudens.
2. Lernen, studieren, entwickeln ….
Was offensichtlich ist, aber noch lang nicht in ausreichendem Maße umgesetzt wird: Lernen, lernen, lernen im Umgang mit Medien. Kinder und Erwachsene, alle. Information und Kommunikation sind der Sauerstoff und das Schmieröl dieser Gesellschaft. Darin müssen wir alle hochqualifiziert sein, media savvy. Wir müssen verstehen, dass dieses kippende Kommunikationsparadigma genauso grundlegend ist wie die Einführung der Bahn und des Autos, das Ende der Nahrungsmittelknappheit und so weiter. Wir müssen akzeptieren, dass wir neue, andere und noch nicht existierende Konzepte zur Interpretation von Informationen entwickeln müssen.
3. Wahrnehmen
Ein entscheidender Teil von Punkt 2 ist die Entwicklung unserer Kompetenz wahrzunehmen anstatt zu denken oder zu fühlen. Das sind keine falschen “Sensoren”, aber sie können uns hier nur bedingt weiterhelfen. Wir müssen lernen, was in der Psychologie wie auch im Buddhismus anerkannt ist, nämlich in unserer Wahrnehmung zu unterscheiden, was wir jemanden sagen hören und was wir selbst daraus machen. Wir sind es gewohnt zu sagen “Du tust mir weh”, wenn uns jemand etwas Unangenehmes sagt. Wir erkennen den Unterschied zwischen Sprache und ihrer Interpretation nicht mehr. Die Wahrnehmung ist offen für das, was sich zeigt, ohne es zu beurteilen. Der Vorteil der Wahrnehmung ist, dass es einfacher wird, etwas Gemeinsames zu schaffen, weil sie neutraler und weniger von meiner Person und Vergangenheit bestimmt ist. Diese Wahrnehmung funktioniert nur im Hier und Jetzt. Auf der Ebene dieser Wahrnehmung können wir den Anderen leichter erreichen. Wahrnehmung ist nicht kühl und distanziert, sondern einfühlsam und präzise.
4. Verhalten anpassen
Ein Symptom diese Fake-News-Zeitalters ist es, dass unsere Gesellschaft in eine Art kommunikative Regression eingetreten ist. Das Verhalten fällt auf eine frühere Bewusstseinsebene zurück. Die ruhige Nachdenklichkeit, die Nuance, die Toleranz sind verschwunden. Darüber hinaus sind alle Informationen permanent und in Echtzeit verfügbar. Das Informationsbombardement, dem wir täglich ausgesetzt sind, ist enorm. Größenordnung und Geschwindigkeit führen zu einer Überlastung und tragen ebenfalls zur Regression bei. Ein Merkmal des regressiven Verhaltens ist es, dass wir instinktiver reagieren. Das limbische System, in dem sich unser Instinkt befindet, triggert uns etwas stärker als der frontale Kortex, der die Vernunft beherbergt. Infolgedessen richtet sich unsere Aufmerksamkeit eher auf Bilder als auf Texte. Eher auf Schlagzeilen und Soundbites als einen Artikel. Außerdem reagieren wir schneller auf alles, was mit Poo, Pee, Sex, Gewalt, Sauerei und Banalität zu tun hat. Unsere primären Instinkte werden eher angesprochen: Sexualität und Sicherheit, Verlangen und Angst. Viele Medien versuchen, uns mit solchen Auslösern zu verführen. Wir müssen lernen, das zu erkennen und ihnen mehr Widerstand entgegenzusetzen. So, wie wir lernen mussten, unsere Essgewohnheiten anzupassen und uns gesund und mäßig zu ernähren oder mit dem Rauchen aufzuhören, können wir lernen, allen Medien-Kram links liegen zu lassen. Und wir müssen lernen, den eindringlichen Rhythmus von Twitter loszulassen und unser Kommunikationsverhalten zu v e r l a n g s a m e n. Eine vernünftige Reaktion erfordert manchmal mehr als 45 Sekunden. Disziplin also. Kein Phänomen, das sich in diesen Zeiten großer Beliebtheit erfreut, aber dennoch zum richtigen Zeitpunkt nützlich ist.
5 Von neutral bis parteiisch: Wähle transparente, ehrliche Subjektivität
In einer Gesellschaft, die das Phänomen der Bedeutungserosion nicht erkennt, sind die Schurken im Vorteil. Wenn wir davon ausgehen, dass wir alle regelmäßig Informationen verbreiten, die als Fake-News interpretiert werden können, dann tun das die Schurken möglicherweise bewusst. Der oberflächliche Betrachter sieht den Unterschied jedoch nicht.
Nehmen wir das Beispiel von Donald Trumps Kampf mit angesehenen Medien wie der WASHINGTON POST und der NEW YORK TIMES. Diese Medien wetteifern um die Objektivität von Nachrichten mit einer Person, die ebenfalls eine Autorität darstellt und die die Subjektivierung von Nachrichten regelmäßig missbraucht. Wir verstehen nicht, warum er mit seinen 8158 Lügen davonkommt. Der oberflächliche Betrachter sieht eben nur zwei Parteien, die sich gegenseitig Fake-News vorwerfen. Wo zwei sich streiten, sind zwei schuld. Dies erklärt, warum Trump immer noch eine relativ große Fangemeinde hat, die nur zwei Kampfhähne sieht. Infolgedessen entscheiden sie sich für den Querulanten, für den Außenseiter, genau wie sie es selbst sind.
Sobald wir das Phänomen der Bedeutungserosion erkennen, müssen seriöse Medien akzeptieren, dass Objektivität als höchster Anspruch eine verlorene Bastion ist. Sie müssen mehr aus ihrer eigenen reinen Wahrnehmung heraus interpretieren, sich für ehrliche und transparente Subjektivität entscheiden. Das hat beachtliche Bedeutung: Sie müssen akzeptieren, dass sie nicht nur Medien im reinen Sinne des Wortes sind (Mittel, die der Informationsübertragung dienen), sondern auch Partei. Es bedeutet, den Anspruch auf das Rechthaben aufzugeben.
Vielleicht klingt dieses offenkundige Plädoyer für Relativismus beängstigend. Es wirkt wie Wasser auf die Mühle der BREITBARTs und FOX NEWS. Der Eindruck ist verständlich, aber nicht genau. Im Grunde genommen ist das kein Relativismus, den ich befürworte. Was ich befürworte ist vielmehr eine Neubewertung des Objektivismus, jenseits der reinen Erkenntnis, jenseits der reinen Emotion, hin zur Wahrnehmung. Meine These ist eine andere: In einer Welt, in der wir die Erosion der Bedeutung nicht erkennen, sind die Schurken im Vorteil. Solange wir weiterhin von einem angenommenen, aber nicht mehr existenten Objektivismus ausgehend argumentieren und kommunizieren, wird erst die Bedeutungserosion zunehmen und dann die Vertrauenserosion. Keine Gesellschaft kann das aushalten.